Zirkuläres Bauen verfolgt das Ziel, Gebäude zu schaffen, die über den Lebenszyklus optimiert sind. Mit Blick auf den Materialeinsatz geht es darum, auf bereits verfügbare Ressourcen zurückzugreifen, die Massen zu reduzieren und damit die Umweltwirkungen zu minimieren. Um zu beurteilen, ob Bauwerke bereits heute einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten, wie lange sie genutzt und angepasst werden können und ob sie auch zukünftig demontierbar, trennbar und verwertbar, also kreislauffähig sind, dafür bedarf es einer fundierten Informationsgrundlage.
Genau hier setzt der Gebäuderessourcenpass der DGNB an. Als Dokumentationsformat schafft er in der Praxis eine Informationsgrundlage für alle Phasen im Lebenszyklus eines Bauwerks und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Transparenz über die verbauten Materialien, die Treibhausgasemissionen von Gebäuden sowie deren Kreislauffähigkeit. Darüber hinaus ist er anschlussfähig an bestehende Werkzeuge. Der DGNB Gebäuderessourcenpass ist dabei als Dokumentationsvorlage zu verstehen, die nicht allgemeingültig anerkannt ist. Bei der Zertifizierung eines Neubauprojekts nach der Version 2023 des DGNB Systems, ist die Nutzung des DGNB Gebäuderessourcenpasses jedoch erwünscht und vereinfacht den Prüfprozess.
Das Wichtigste auf einen Blick
Das Grundkonzept des Gebäuderessourcenpasses lehnt sich an die Idee des erfolgreich etablierten Energieausweises an. Das Prinzip: In dem Ressourcenpass sollen individuell für jedes Gebäude die wesentlichen Informationen rund um die Ressourcennutzung, die Klimawirkung und die Kreislauffähigkeit angegeben werden.
So sollen alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt werden, um den Aufbau von „Urbanen Minen", die Realisierung zirkulärer Sanierungen und Neubauten sowie kreislaufgerechten Abbruch bestmöglich zu unterstützen.
Langfristig schafft der Gebäuderessourcenpass die Grundlage für eine konsistente Kreislaufwirtschaft im Bausektor, in der alle Lebenszyklusphasen vom Design bis zur Wiederverwendung oder Verwertung optimal miteinander koordiniert und verzahnt sind. Erforderlich dafür sind die vollständige Transparenz über verbaute Materialien und Komponenten, ihre Werte und Besitzverhältnisse. Sie ist die Basis für ein neues gemeinsames Wirtschaften, neue Geschäftsmodelle sowie für eine hohe Qualität unserer gebauten Umwelt.
Eigentümer von Neu- oder Bestandsbauten bekommen Aufschluss über die tatsächlich verbaute Materialität sowie mögliche gesundheitsgefährdende Schadstoffe. Auch erhalten sie Informationen, welche werkstofflichen Potenziale und Werte vorhanden sind. Für Planende bietet das Instrument Mehrwerte, insbesondere wenn die optionalen Zusatzblätter (siehe unten) zum Gebäuderessourcenpass gepflegt werden. Diese ermöglichen vertiefende Analysen für eine qualifizierte Beratung von Bauherren sowie die Ausarbeitung von kreislaufgerechten, ressourcenschonenden Varianten.
Bauausführende können das Format nutzen, um die von ihnen umgesetzten Maßnahmen systematisch zu dokumentieren und ihre erbrachten Leistungen übersichtlich darzustellen. Und auch Kommunen können von der Erstellung von projektindividuellen Gebäuderessourcenpässen profitieren. Sie können beispielsweise als Grundlage zum Aufbau und Management von urbanen Minen dienen. Perspektivisch könnte das Format auch die Grundlage zur Genehmigung von ressourcenoptimierten, kreislaufgerechten Gebäuden bieten.
Der Gebäuderessourcenpass ist sowohl für Neubauten als auch im Bestand einsetzbar. Er ist als ausfüllbare Vorlagen zu verstehen. Grundlage sind ein Bauteilkatalog, Exporte aus BIM-Modellen oder die Katalogisierung des Bauwerks in entsprechenden Tools.
Eine ausführliche Anleitung zur Anwendung der Vorlagen mit einer Detailbeschreibung aller adressierten Themenfelder folgt in Kürze.
Einige Anbieter von digitalen Tools zur Gebäudedokumentation oder -optimierung wie Concular, Madaster, das Circularity Design Toolkit von EPEA oder der Urban Mining Index haben die inhaltlichen Anforderungen des Gebäuderessourcenpasses der DGNB bereits integriert oder planen dies umzusetzen. Auch die Anschlussfähigkeit an Maßnahmen des Bundes und der EU, wie den geplanten digitalen Gebäudepass, soll sichergestellt werden.
Gebäuderessourcenpass der DGNB – was er umfasst und wie man ihn nutzen kann
Bei der Informationsveranstaltung am 6. März 2023 haben wir die im Gebäuderessourcenpass adressierten Inhalte vorgestellt und gezeigt, wie sich dieser praktisch anwenden lässt. Die Aufzeichnung finden Sie nebenstehend.
Zwischen Anspruch und Anwendbarkeit: Was der Gebäuderessourcenpass leisten kann
Zum digitalen Jahreskongress stellte die DGNB die finale Fassung ihres 2022 entwickelten Gebäuderessourcenpasses vor. Im Themenraum diskutierten Expertinnen und Experten über die Inhalte, die Nutzbarkeit und die Frage, wie es nun weiter geht.
Abhängig davon, welche Informationen zum Gebäude zur Verfügung stehen, ist der Gebäuderessourcenpass in zwei Varianten verfügbar: einer vollständigen Fassung und einer reduzierten für den Einstieg. Das folgende Tool kann für die Ausgabe der relevanten aggregierten Informationen und Werte zu den Gebäuderessourcen verwendet werden - sowohl in der reduzierten als auch der vollständigen Fassung.
DGNB Gebäuderessourcenpass - Eingabetool (Beispiel Neubau)
DGNB Gebäuderessourcenpass - Eingabetool (Beispiel Bestand)
Zur Veranschaulichung der Anwendung finden Sie im Folgenden Anwendungsbeispiele anhand fiktiver Projekte (Neubau/Bestand). Zudem stellen wir ein Beispiel für die optionale Ausgabe des Zirkularitätsindex und eine Übersicht relevanter Kennwerte auf Produktebene bereit. Darüberhinaus finden Sie untenstehend beispielhafte Ausgaben der sieben optionalen Zusatzblätter, mit denen eine tiefergehende Analyse möglich ist.
DGNB Gebäuderessourcenpass | Beispiel: Neubau, vollständige Fassung
DGNB Gebäuderessourcenpass | Beispiel: Bestand, vollständige Fassung
DGNB Gebäuderessourcenpass | Beispiel: Neubau, reduzierte Fassung
DGNB Gebäuderessourcenpass | Beispiel: Bestand, reduzierte Fassung
DGNB Gebäuderessourcenpass | Beispiel: Optionale Ausgabe des Zirkularitätsindex für den Anwendungsfall Neubau (langlebig)
Optionale Zusatzblätter zum DGNB Gebäuderessourcenpass | Beispiel: Neubau
Optionale Zusatzblätter zum DGNB Gebäuderessourcenpass | Beispiel: Bestand
Übersicht relevanter Produktkennzahlen für den DGNB Gebäuderessourcenpass
Der Gebäuderessourcenpass im Detail
Inhaltlich umfasst der Gebäuderessourcenpass sechs übergeordnete Bereiche mit insgesamt 25 Teilaspekten, die entweder verpflichtend oder optional anzugeben sind:
Allgemeines
Um die Qualität und Zuverlässigkeit der bereitgestellten Daten einschätzen zu können, wird im Gebäuderessourcenpass die Datenqualität relevanter einzelner Eingabewerte bewertet und je Bereich als Zahl von 0 bis 3 in Form eines Datenqualitätsindex ausgegeben. Dieser Index klassifiziert bei Angaben zu Zahlen und Kennwerten die Güte der Daten hinsichtlich der jeweiligen angewandten Methodik zur Datenermittlung: 0 = keine Angabe / nicht verlässlich, 1 = geschätzt / unpräzise (z.B. statistische Werte), 2 = gemessen / berechnet (z.B. auf Basis eines erweiterten Bauteilkatalogs) und 3 = Datenbank / Modell. Die angewandten Methodiken selbst werden hinsichtlich der jeweiligen Unabhängigkeitsprüfung des Ermittlungsverfahrens klassifiziert: 0 = selbstständig erstellt, 1 = Daten intern geprüft, 2 = Daten extern geprüft und 3 = Daten extern unabhängig geprüft.
Bereich: Gebäudeinformationen und Gebäudemassen
Die Basisinformationen des Gebäuderessourcenpasses umfassen neben Standort und Baujahr auch die Art der Bauweise und die Einordnung in Bestandserhalt und Neubau. Diese Informationen sind für den Ressourceneinsatz und -erhalt von zentraler Bedeutung. Die Art der Bauweise kann unter anderem die Lebensdauer eines Gebäudes sowie die Verfügbarkeit von Materialien und Bauteilen für eine spätere Wiederverwendung beeinflussen. Die Entscheidung für den Erhalt von Bestand ist vor dem Hintergrund sich verknappender Ressourcen im Bausektor unumgänglich, weshalb diese im Gebäuderessourcenpass deutlich gekennzeichnet ist.
Zirkuläre Aspekte des Ressourceneinsatzes für das Gebäude können über massenbezogene Quoten dargestellt werden. Um solche Quoten zu ermitteln, muss die Gesamtmasse des Gebäudes bekannt sein. Die Einzelmassen werden bei der Massenermittlung optimalerweise den Bauteilen laut Kostengruppen (gemäß DIN 276) zugeordnet. Auf Basis dieser Information können weitere Auswertungen erfolgen bzw. strukturiert werden.
Um Vergleichbarkeit zu erlangen und die Aussagekraft und Qualität der im Gebäuderessourcenpass angegebenen Informationen zur Zirkularität adäquat einschätzen zu können, ist es erforderlich, den Betrachtungsumfang und eine Schätzung anzugeben, auf welchen Anteil der Gebäudemassen sich alle ressourcenbezogenen Angaben im Gebäuderessourcenpass beziehen.
Im Gebäuderessourcenpass können und sollen gesammelte Informationen aus Materialpässen, digitalen Gebäudemodellen und Bauteilkatalogen gebündelt und eingeordnet werden. Zur Einordnung der Datenqualität und zur Herstellung der Vergleichbarkeit sollte die Datengrundlage im Gebäuderessourcenpass qualitativ kurz beschrieben werden.
Bereich: Materialität, Materialherkunft und Bau- und Abbruchabfälle
Die verschiedenen Materialarten, die im Gebäude eingesetzt sind, sollen in massebezogenen Quoten angegeben werden. Die materielle Beschaffenheit des Gebäudes wirkt sich sowohl auf dessen Kreislauffähigkeit als auch auf verbaute Emissionen aus. Eine Kenntnis über die vorhandenen Materialarten ist Grundlage für eine optimale spätere Nutzbarkeit der Materialien. Die Klassifizierung der Materialarten erfolgt angelehnt an Europäische Vereinbarungen, bspw. das Level(s) Rahmenwerk.
In einer zirkulären Bau- und Immobilienwirtschaft lassen sich Bauteile, Produkte oder Werkstoffe nach der Nutzungsphase wieder neu in den Kreislauf einbringen und sind im Idealfall nützlich für Mensch und Umwelt. Wenn Bestandteile von Bauteilen, Produkten oder Werkstoffen bereits heute als Schad- oder Risikostoffe eingestuft sind oder für diese eine Verbotsperspektive besteht, erschwert oder verhindert dies eine zukünftige Verwendung oder Verwertung. Bereits eingesetzte Schad- oder Risikostoffe sollten perspektivisch in geschlossenen Kreisläufen isoliert werden, damit sie eine Kreislaufführung nicht verhindern.
Es bedarf daher einer Aussage, ob im Gebäude Schadstoffe vorhanden sind. Weiterreichende Maßnahmen können über Zertifikate bestätigt und im Gebäuderessourcenpass dokumentiert werden. Eine Verifikation über gängige Instrumente, wie die Anwendung des DGNB Systems (Kriterium „Risiken für die lokale Umwelt" ENV1.2 oder gemäß „EU-Taxonomie Verifikation" der DGNB) oder des BNB Systems (Kriterium „Risiken für die lokale Umwelt" K1.1.6) ist zu empfehlen und kann im Gebäuderessourcenpass dargestellt werden. Darüber hinaus ist bei Bestandsbauten die Information wichtig, ob und wenn ja wann und mit welchem Ergebnis ein Schadstoffgutachten erstellt worden ist.
Die Angabe der massengewichteten Anteile an erhaltenen, verwerteten und erneuerbaren oder nicht-erneuerbaren Primärmaterialien, die in das Gebäude eingebracht wurden, gibt Aufschluss über den bereits effektiv geleisteten Beitrag zur zirkulären Bau- und Immobilienwirtschaft. Über eine differenziertere Auflistung und Unterteilung dieser Anteile in wiederverwendete, verwertete (recycelte) Materialien sowie nachwachsende Rohstoffe im Gebäude wird die Qualität dieses Beitrags und die unternommenen Anstrengungen zur heutigen Umsetzung der Kreislaufführung verdeutlicht. Zusätzlich kann eine Angabe zu den vermiedenen Primärmaterialien getätigt werden.
Große Teile des globalen Abfallaufkommens entstehen bei den Abbruch- und Bauprozessen. Die hier anfallenden Materialien sollten als wertvolle Ressourcen betrachtet und mit größtmöglichem Nutzen verarbeitet werden. Sowohl die gesamten Massen an Bau- und Abbruchabfällen als auch die Verwertungswege sind anhand von Quoten zu dokumentieren. Optional kann auch die Masse der in der Baumaßnahme wieder eingesetzten Bau- und Abbruchabfälle genannt werden.
Bereich: Umweltwirkungen über den Lebenszyklus
Um den Einfluss des Bauwerks bzw. der durchgeführten Maßnahmen im Rahmen von Modernisierungen auf das Klima einschätzen zu können, ist Transparenz über den Treibhausgasausstoß (ermittelt über den gesamten Lebenszyklus) notwendig. Über die Darstellung und Zuordnung der Treibhausgasemissionen (und optional der eingesetzten nicht erneuerbaren Primärenergie) im Gebäuderessourcenpass auf die nach DIN EN 15978 strukturierten Lebenszyklusphasen, kann identifiziert werden, in welcher Höhe Treibhausgasemissionen und Energieverbräuche aus Produktion, Transport und Errichtung bereits ausgestoßen wurden und welche in den Nutzungs- und Nachnutzungsszenarien auftreten. Die gebäudebezogenen Treibhausgas-Emissionen sind für den ökologischen Fußabdruck eines Gebäudes von großer Bedeutung.
Bereich: Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Gebäudestruktur
Adaptierbarkeit und Flexibilität ermöglichen eine intensive Nutzung von Flächen und den Erhalt von Gebäuden auch bei sich verändernden Nutzungsanforderungen. Im Gebäuderessourcenpass kann verzeichnet werden, inwiefern durch die Gebäudekonzeption eine Mehrfachnutzung oder Teilung von Flächen ermöglicht wird. Zudem schaffen Angaben zu Flächennutzungsgrad und Flächenbedarf je Bezugseinheit eine Vergleichbarkeit im Kontext der Nutzungseffizienz und der Suffizienz. Qualitative Aussagen zur Erweiterbarkeit können helfen, die Restnutzungsdauer von Gebäuden zu verlängern und eine intensive Nutzung zu erreichen.
Auf dem optionalen Zusatzblatt "Flexibilität" können detailliertere Informationen auf Basis des Level(s) Rahmenwerks (Level 1, Indikator 2.3) ein- und ausgegeben werden, die Taxonomie-relevant sind. Dazu gehören weitere Kennwerte wie Raumhöhe, Gebäudetiefe, Erschließung (Geschosse), Grundrissflexibilität (Änderung der internen Raumaufteilung), Änderungen an der Technischen Gebäudeausrüsttung (TGA) bzw. Installationen.
Bereich: Demontagefähigkeit, Materialverwertungspotenzial und Zirkularitätsbewertung
Die Demontagefähigkeit von Gebäuden kann quantitativ oder qualitativ angegeben werden. Die Trennbarkeit der eingesetzten Ressourcen, Produkte und Bauteile in Werkstoffe ist ebenfalls quantitativ in Form von Quoten oder qualitativ beschreibbar.
Um die Kreislauffähigkeit von Bauwerken und ihren Bauteilen zu ermöglichen, müssen bereits in Design- und Entwurfsphasen die End-of-Life-Szenarien mitgedacht werden. Im Entwurf eines Gebäudes bedeutet das, Reparatur, Umbau und Rückbau von Anfang an vorzubereiten und Konzepte und konkrete Anleitungen zu erarbeiten, damit Ressourcen auch in Zukunft wieder zur Verfügung stehen. Die vielfältigen Gestaltungskonzepte, die zum zirkulären Bauen beitragen (einfaches Bauen, sortenreines Bauen, Circular Engineering), können über die Information, ob entsprechende Konzepte und Anleitungen zur Anpassbarkeit, zur Demontage sowie zur sortenreinen Trennung vorliegen, entsprechend im Gebäuderessourcenpass vermerkt werden.
Die künftige Kreislauffähigkeit kann über die Darstellung der möglichen „Nachnutzungswege" der eingesetzten Materialien und Ressourcen beschrieben werden. Die Angaben sollen im Gebäuderessourcenpass auf Grundlage des heutigen Stands der Technik bzw. standardmäßig angewandter Verwertungsprozesse getroffen werden. Im optionalen Zusatzblatt können auch weitere Perspektiven (z.B. der aus heutiger Sicht antiziperte zukünftige Stand der Technik) eingenommen werden.
Die Ressourcen des Gebäudes sollen Nachnutzungswegen, wie z.B. Wiederverwendbarkeit oder (stoffliche) Verwertbarkeit zugeordnet werden. Ist keine Nachnutzung möglich, soll angegeben werden, welche Art der Entsorgung oder Deponierung voraussichtlich erforderlich wird. Auf Gebäudeebene sollen die Informationen entsprechend in massenbezogenen Quoten angegeben werden.
Der Wert der verbauten Gebäuderessourcen kann sowohl als Materialwert zur Zeit des Materialeinbaus als auch als Restwert zum Zeitpunkt eines perspektivischen Rückbaus angegeben werden. Zur Ermittlung des monetären Restwerts ist kein Verfahren vorgegeben und der DGNB Gebäuderessourcenpass ist hier Tool-offen. Beispielsweise können die Barwertmethode oder die Kapitalwertmethode angewandt werden.
Zirkularität schließt verschiedenste Gebäude- und Materialeigenschaften ein. Dementsprechend herausfordernd ist eine aggregierte Gesamtbewertung der Zirkularität. Die gesamte Zirkularität betrifft alle Lebenszyklusphasen des Gebäudes: Bereits erfolgreiche Wiederverwendung von Bauteilen und der Erhalt von Bausubstanz sind ebenso von Bedeutung wie die voraussichtliche zukünftige Kreislauffähigkeit.
Im Gebäuderessourcenpass kann angegeben werden, ob eine aggregierte quantitative Zirkularitätsbewertung anhand einer anerkannten Methodik durchgeführt und welches Ergebnis darin erzielt wurde. Auf diese Weise wird transparent, welche Methodik zur Bewertung der Zirkularität herangezogen wurde und es wird ein gewisses Maß an Vergleichbarkeit ermöglicht.
Bereich: Dokumentation
Derzeit werden verschiedene Ansätze erprobt, um im Gebäude verbaute Materialien und ihre Eigenschaften zu dokumentieren. Ein Gebäuderessourcenpass muss an die aktuelle und zukünftige Planungspraxis anschließen. Schnittstellen zu gängigen digitalen Planungstools sind daher unerlässlich. Die dem Gebäuderessourcenpass zugrundeliegenden Daten sollten ein hohes Maß an Zugänglichkeit aufweisen und bestenfalls dauerhaft qualitätsgesichert sein, beispielsweise über eine Schnittstelle zu einer Bauproduktedatenbank, welche die aktuellen Kennwerte nutzt. Entsprechend sollten sie digital lesbar sein und die Nutzung durch verschiedene berechtigte Akteure über den gesamten Lebenszyklus ermöglichen. So können zum Beispiel Gebäudeeigentümerinnen und Gebäudeeigentümer, Nutzende sowie Bau- und Abbruchunternehmen von der geschaffenen Transparenz profitieren. Auch Renovierungs- und Wartungsarbeiten sollten konsequent protokolliert werden, um nicht nur einen Planungsstand, sondern das Gebäude im jeweils aktuellen Ist-Zustand darzustellen.
Zur Entwicklung des Gebäuderessourcenpasses
Entstanden ist der Gebäuderessourcenpass in enger Abstimmung mit dem 2022 gegründeten DGNB Ausschuss für Lebenszyklus und zirkuläres Bauen. Darüber hinaus fand im Sommer und Herbst 2022 eine offene Konsultationsphase statt, an der schriftlich, in Einzelterminen sowie bei Vorträgen mehr als 150 Vorschläge von externen Personen eingingen. Diese Rückmeldungen, Abstimmungen mit am Markt verfügbaren Tools sowie mit einem Entwurf des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, haben zur weiterentwickelten, im Februar 2023 veröffentlichten Fassung geführt.
Zusätzlich wurden auf Meta- und Detailebenen Abgleiche mit Zielen und Datenstrukturen vorgenommen, sodass eine sehr hohe Anschlussfähigkeit an eine Vielzahl von vorhandenen und neuen Initiativen erreicht werden kann: Von der politischen Steuerungsebene für den Bausektor bis zur Datenstruktur von Bauprodukten.
Häufig gestellte Fragen
Im Rahmen des DGNB Systems Gebäude Neubau in der Version 2023 hilft der Gebäuderessourcenpass dabei, in folgenden zwei Kriterien eine gute Bewertung zu erhalten:
- TEC1.6 Zirkuläres Bauen (bis zu 50 Punkte bei Indikator 3.1 sowie ggfs. bis zu 15 Punkte bei Einhaltung der zirkulären Quoten im Gebäuderessourcenpass bei Indikator 3.2)
- ECO2.7 Dokumentation (5 Punkte bei CE Bonus Indikator 1.3 + 5 Punkte bei Indikator 4.1)
Dies allein sind bereits 2,4% der erreichbaren Punkte in der Zertifizierung nach der Version 2023, die allein über einen vollständigen Gebäuderessourcenpass erzielt werden können. Insgesamt kann für eine Gebäudeplanung mit Fokus auf zirkulärem Bauen circa 40% Gesamterfüllungsgrad bei der Zertifizierung nach der Version 2023 (Neubau) erreicht werden.
Hinweis: Der Einsatz zirkulärer Bauprodukte auf Produktebene wird in TEC1.6 noch einmal getrennt bepunktet – unabhängig vom Gebäuderessourcenpass und der Bewertung auf Gebäudeebene.
Unser Entwurf des Gebäuderessourcenpasses kann aktuell für Neubauten bzw. Umbaumaßnahmen zum Bestandserhalt angewendet werden. Perspektivisch soll er auch zur Erfassung von Ressourcen in Bestandsbauten dienen können.
Verpflichtend ist der Einsatz des Gebäuderessourcenpasses bisher noch nicht. Hierzu liegen aktuell auch keine Informationen vor. Eine Förderung wird aus Sicht der DGNB perspektivisch für möglich gehalten. Der Entwurf der DGNB dient hierbei als offene Vorlage. Im DGNB Zertifizierungssystem Gebäude Neubau in der Version 2023 wird der Einsatz bereits honoriert.
Ja, Informationen zu Bauprodukten bzw. -materialien sind die Grundlage für viele Angaben, die in den Gebäuderessourcenpass einfließen. Aber es gibt auch allgemeine Informationen zum Gebäude, wie z.B. zur Gebäudestruktur bzw. zur Gebäudedokumentation, die ohne Bauproduktinformationen ausgefüllt werden können.
Weitere Informationen finden Sie im auf dieser Seite zur Verfügung gestellten Dokument "Anleitung: Begleitdokument zum DGNB Gebäuderessourcenpass"
Im Gebäuderessourcenpass können und sollen gesammelte Informationen aus Materialpässen, digitalen Gebäudemodellen und Bauteilkatalogen gebündelt und eingeordnet werden. Zur Einordnung der Datenqualität und zur Herstellung der Vergleichbarkeit sollte die Datengrundlage im Gebäuderessourcenpass qualitativ kurz beschrieben werden.
Die Materialität sollte in massebezogenen Quoten (jeweils auf die Gesamtbauwerkmasse bezogen) ermittelt und dokumentiert werden. Im Ausgabeformat erfolgt die Ausgabe auf oberster Ebene in Materialien, die Eingabe der Quoten sollte - wenn möglich - auf der genaueren Ebene in Einzelmaterialien oder sogar -baustoffen erfolgen – für noch mehr Transparenz und einen noch größeren Beitrag zur Kreislaufwirtschaft.
Die verschiedenen Ebenen sind in der Vorlage angegeben. Außerdem kann auch eine Eintragung über Kostengruppen erfolgen.
Beispiel: Holzwolle
- Materialität bzw. Materialkategorie auf Gebäudebene (oberste Ebene) wären Holz- und Holzwerkstoffe
- Auf Ebene der Einzelbau- und werkstoffe handelt es sich um Sonstige Holzwerkstoffe bzw. Bio-basierte Materialien
Eine Betonschalung, die wieder weggeräumt wird, sollte in den Bau- und Abbruchabfällen als ‚Bauabfall‘ berücksichtigt werden. Sollte sie auf einer anderen Baustelle wieder eingesetzt werden, kann die Masse z.B. unter ‚Wiederverwendung‘ klassifiziert werden. Wird eine ‚verlorene Schalung‘ eingebaut, sollte diese unter ‚Materialität‘ berücksichtigt werden, da das Material im Gebäude verbleibt.
Hier sollte eine Ökobilanzierung für das Gebäude mit jeweiligen Kostengruppen-Bauteilen zugrunde liegen. Die detaillierte Ermittlung auf Bauteil-Ebene ist im Umfang des Excel-Templates nicht möglich und muss daher gesondert im Zuge einer Ökobilanzierung für das dokumentierte Bauwerk erfolgen. Dabei werden die Treibhausgas-Emissionen je Lebenszyklusphasen/-szenarien mit der Einheit [kgCO2Äquivalent / m²NRF*Jahr] ermittelt. In der Ökobaudat ist die Referenzeinheit/der Referenzfluss angegeben, diese/r muss berücksichtigt und auf die vorhandene Menge umgerechnet werden (z.B. bei Beton 1m³). Auf dem optionalen Zusatzblatt ‚Umweltwirkungen‘ kann die Lebenszyklusanalyse auch den Bauteil-Kostengruppen zugeordnet werden für eine detailliertere Dokumentation bzw. Auswertung.
Eigentümer bekommen u.a. Aufschluss über die tatsächlich verbaute Materialität sowie mögliche gesundheitsgefährdende Schad- und Risikostoffe. Für Planende bietet der Pass Mehrwerte mit Blick auf mögliche vertiefende Analysen für eine qualifizierte Beratung von Bauherren sowie die Ausarbeitung von kreislaufgerechten und ressourcenschonenden Varianten von Neu- bzw. Umbauvorhaben. Bauausführende können das Instrument nutzen, um die von ihnen umgesetzten Maßnahmen systematisch zu dokumentieren und ihre erbrachten Leistungen übersichtlich darzustellen. Und auch Kommunen können von der Erstellung eines Gebäuderessourcenpasses profitieren. Beispielsweise können sie entsprechende Pässe als Grundlage für Aufbau und Management von urbanen Minen nutzen.
Wichtig ist, sich Klarheit über Begrifflichkeiten wie Recycling, Wiederverwendung etc. zu verschaffen. Während Recycling sich beispielsweise auf die Verwertung von (einzelnen) Bestandteilen bzw. Materialien für einen neuen Zweck bezieht, können über eine Wiederverwendung im besten Fall Bauteile eins zu eins aus einem Gebäude entnommen und, ohne sie zu zerstören, woanders wieder eingebaut werden. Dies gilt für die gesamte Gebäude-Lebensphase.
Zum anderen ist es elementar, eine konsequente und transparente Dokumentation aller Gebäudeinformationen, insbesondere der tatsächlich gebauten Gebäudestruktur, zu verfolgen. Hierzu gehört auch, Umbauten und Sanierungen im Zuge von Umnutzungen zu dokumentieren und anhand eines vordefinierten Prozesses in die Gebäudedaten einzupflegen.
Der DGNB Gebäuderessourcenpass ist als als Vorlage zur freien Nutzung und Anwendung zu verstehen und kann komplett eigenständig ausgegeben werden. Der Pass kann bzw. soll sehr gerne auch außerhalb einer DGNB Zertifizierung oder unabhängig von DGNB zertifizierten Projekten genutzt werden. Wir möchten als Verein die Akteure in der Bau- und Immobilienbranche motivieren, Gebäuderessourcenpässe für alle Gebäudetypen zu erstellen, um die Informationen zu verbauten Ressourcen transparent offenzulegen. Daher haben unserere Expertengremien diese Vorlage entwickelt, um die relevanten Informationen zu definieren und zu strukturieren.
Das Datenpaket ist nicht gleichzusetzen und unterscheidet sich in der Informationstiefe bzw. im -umfang. Der Gebäuderessourcenpass bündelt Informationen über verbaute Materialien auf oberster Gebäudeebene. Dies bedeutet, dass, anders als bei den Daten zur Zertifizierung, keine Informationen auf den detaillierteren unteren Ebenen wie z.B. auf Schicht- oder Produktebene enthalten sind. Diese Informationen sind zwar im Hintergrund in Form von Datenbanken, digitalen Modellen, Bauteilkatalogen und/oder beigefügten Dokumentenpaketen zu ermitteln und bereitzustellen, werden aber nicht im Gebäuderessourcenpass ausgegeben. Insgesamt vereint der Gebäuderessourcenpass Informationen auf Gebäudeebene aus mehreren DGNB-Neubau-Zertifizierungskriterien, wie:
- ENV1.1 Klima und Energie
- ENV1.2 Risiken für die lokale Umwelt
- ECO2.4 Wertstabilität
- ECO2.7 Dokumentation
- TEC1.6 Zirkuläres Bauen
Auch allgemeine Projektinformationen finden sich im Pass wieder.
Aktuell gibt es keinen vorgegebenen Ablauf, da der DGNB Gebäuderessourcenpass zur freien und offenen Anwendung gedacht ist. Möglich ist z. B. eine selbstständige Erarbeitung auf Basis von gesammelten Gebäudeinformationen im Projektverlauf. Auch in Zusammenarbeit mit diversen Dienstleistungs-/Software-Anbietenden, wie u.a. Madaster, Concular, Urban Mining Index oder EPEA, kann der Gebäuderessourcenpass erarbeitet werden. Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft weitere Unternehmen die Erarbeitung und Ausgabe von Gebäuderessourcenpässen anbieten. Hierbei liegt die Bearbeitungszeit bei etwa einer Woche. Eine selbstständige toolunabhängige Erarbeitung dauert insgesamt nach aktuellen Erfahrungen etwas länger.
Der Gebäuderessourcenpass wird nicht durch die DGNB erstellt bzw. ausgestellt. Daher haben wir keine näheren Informationen über zu erwartende Erstellungskosten. Diese hängen stark vom Umfang, der Datenqualität und der Datenerarbeitungsweise ab. Für mehr Informationen wenden Sie sich gerne an die Tool-Anbietenden, welche einen Gebäuderessourcenpass ausstellen, u. a. Madaster Germany GmbH, EPEA GmbH, Concular GmbH, List Eco GmbH & Co. KG.
Ein DGNB Gebäuderessourcenpass kann nicht alleinstehend bei uns zur Prüfung oder Anerkennung angemeldet werden. Der Pass kann momentan ausschließlich im Rahmen einer Neubau-Zertifizierung mit der neuen Version 2023 bei uns zur Prüfung eingereicht werden. Durch die selbstverpflichtende Angabe der Datenqualität ist eine erste einfache Einschätzung der Pass-Qualität und darin enthaltenen Daten möglich. Hier gilt unsere Gebührenordnung.
Sie dürfen den Gebäuderessourcenpass zur eigenen Verwendung sehr gerne ausstellen, hierfür bestehen keine Voraussetzungen. Eine offizielle Anerkennung ist seitens DGNB nicht gegeben. Die aktuelle veröffentlichte Datei stellt eine Hilfestellung für ein mögliches Ausgabeformat dar und kann als Transparenz-Instrument zur Informationsbereitstellung über die verbauten Gebäuderessourcen gesehen werden. Eine ID stellen wir aktuell nicht aus. Diese kann zur eindeutigen Identifizierung des Passes z.B. über einen GUID-Generator generiert werden.
Wir geben momentan keine Methode zur im Gebäuderessourcenpass ausgegebenen Zirkularitätsbewertung vor. Grundlegend ist, dass die Methode bzw. das Verfahren angegeben wird. Bestenfalls wird im Anhang transparent beschrieben, welche detaillierte Berechnungsmethodik zugrunde liegt bzw. wie und wieso diese vom DGNB Zirkularitätsindex abweicht (siehe festgelegte Toleranzbereiche laut DGNB Qualitätsstandard für Zirkularitätsindizes für Bauwerke).
Soll ein aggregierter Zirkularitätsindex im Zuge einer Zertifizierung mit dem DGNB System Gebäude Neubau, Version 2023 zur Punkteerlangung im Kriterium TEC1.6 herangezogen werden, muss dieser die Vorgaben und Kriterien laut DGNB Qualitätsstandard für Zirkularitätsindizes für Bauwerkeerfüllen.
Seit der Version 1.1 des GRP ermöglicht die DGNB die Ermittlung eines Zirkularitätsindex, welcher gemeinsam mit den Expertinnen und Experten des DGNB Ausschuss für Lebenszyklus und zirkuläres Bauendiskutiert und erarbeitet wurde. Dieser kann zunächst für Neubau-Projekte angewendet werden.
In diesem Fall gäbe es z.B. folgende Möglichkeiten der Eingabe: Bei der ‚Gesamtmasse‘ des Gebäudes DQI 2 (gemessen/berechnet, als Mittel zwischen Schätzung und Datenbank/ Modell) wählen und beim ‚Umfang dokumentierter Masse‘ die KG400 Masse rausrechnen, die nur grob/geschätzt bzw. nicht genau dokumentiert werden kann. Aber dann DQI 3 (Datenbank/Modell) für den Rest der genau dokumentierten Masse der KG300 wählen, wenn dieser Teil modelliert ist.
Ihre Ansprechpersonen
Dr. Anna Braune
Abteilungsleiterin Forschung und Entwicklung
- Tel.: +49-711-722322-67
- E-Mail: A.BRAUNE@DGNB.DE
Isabell Viola Wellstein
Projektleiterin Forschungsprojekte
- Tel.: +49-711-722322-46
- E-Mail: i.wellstein@dgnb.de