„Ziel der Kurzstudie war es, eine bessere Faktenbasis in die Debatten rund um den Umgang mit dem Gebäudebestand zu bringen“ erklärt Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. „Die Ergebnisse stützen die immer lauter werdenden Forderungen, dass wir mit Blick auf den Klimaschutz im Bauen dringend wegkommen sollten vom Prinzip ‚Abriss und Ersatzneubau‘. Der Fokus muss auf dem Erhalt und der klimagerechten Sanierung unserer bestehenden Gebäude liegen.“
Gebäudeökobilanzen von Sanierungsprojekten als Grundlage der Analyse
Im Rahmen der Kurzstudie wurden die Gebäudeökobilanzen von 19 DGNB-zertifizierten Sanierungsprojekten ausgewertet. Neben dem Betriebsenergieverbrauch und dem Treibhausgasausstoß flossen auch weiche Faktoren wie der Sanierungstyp und die umgesetzten Sanierungsmaßnahmen in die Betrachtung mit ein.
Bei den Projekten handelte es sich weitgehend um Büro- und Verwaltungsgebäude. Jeweils zwei Hotelbauten und Mischnutzungen waren zusätzlich Teil der Erhebung. Elf der untersuchten Gebäude wurden zwischen 1951 und 1990 errichtet, drei davor und die übrigen fünf zwischen 1991 und 2020. Die zuletzt umgesetzten Sanierungsmaßnahmen erfolgten bei allen Projekten zwischen 2018 und 2023.
Geringere Klimawirkungen über den Lebenszyklus bei Sanierungen gegenüber Neubauten
Bei der Frage, wie hoch der CO2-Ausstoß von Sanierungsmaßnahmen ist und wie dieser im Vergleich zu dem von Neubauten einzuordnen ist, kam die Kurzstudie zu einem klaren Ergebnis. So waren die bauwerksbezogenen CO2-Emissionen – auch graue Emissionen genannt – bei den Sanierungen um bis zu zwei Drittel geringer im Vergleich zu der Konstruktion von Neubauten. Anders formuliert liegen die grauen Emissionen bei Neubauten im Mittel um den Faktor 2,4 höher als bei den Sanierungen. Als Referenz dienten hierbei die Werte aus der 2021 veröffentlichten DGNB-Studie „Benchmarks für die Treibhausgasemissionen der Gebäudekonstruktion“.
Darüber hinaus ergab die Kurzstudie, dass die meisten CO2-Emissionen im Gebäudebetrieb über viele Jahre hinweg summiert auftreten. Aus Sicht der Klimawirkungen lohnen sich also die während der Herstellungsphase erzeugten grauen Emissionen, sofern die Sanierungsmaßnahmen eine Optimierung der im Betrieb anfallenden Emissionen in Richtung Klimaneutralität zum Ziel haben.
Frühzeitige Sanierungen ökobilanziell die sinnvollste Variante
Auf die Frage, wie sehr sich die ökobilanziellen Werte bei verschiedenen Sanierungstypen unterscheiden und welche Empfehlungen sich daraus ableiten lassen, ergab sich kein eindeutiges Bild bei der Erhebung. Die Sanierungsumfänge, die gewählten Energieträger und die daraus resultierenden CO2-Emissionen der Maßnahmen variierten projektspezifisch sehr stark. Es ist daher unabdingbar, bei jedem Projekt individuell zu untersuchen, welche Optimierungsstrategie die geeignetste ist.
Schließlich wurde in der Kurzstudie noch überprüft, welchen Einfluss der Zeitpunkt der Sanierung mit Blick auf die Klimawirkung des Gebäudes hat. Dabei kam klar heraus, dass sich frühe Modernisierungen aus Sicht der Klimawirkung lohnen. Beispielrechnungen zeigen, dass auch wenn es in den nächsten zehn bis 15 Jahren gelingt, die Sanierungsmaßnahmen selbst emissionsreduziert umzusetzen, die zwischenzeitlich erzeugten Emissionen diesen Effekt bei weitem übersteigen.
DGNB Kurzstudie online verfügbar
„Mit den Ergebnissen der Kurzstudie geben wir dem Bauchgefühl, dass der Erhalt des Gebäudebestands zu bevorzugen ist, ein belastbares Fundament“, sagt Dr. Anna Braune, Abteilungsleiterin Forschung und Entwicklung bei der DGNB. „Gerade politische Entscheidungstragende sollten dies bei der künftigen Ausrichtung ihrer Arbeit als Grundlage nehmen.“
Interessierte können die DGNB Kurzstudie „Klimawirkungen von Sanierungen: Eine lebenszyklusbasierte Analyse“ online unter www.dgnb.de/hintergrundinformationen kostenfrei herunterladen.