Einem Großteil der Neubauten oder Sanierungsmaßnahmen geht heute ein Rückbau voraus. In der Planungspraxis bleibt er jedoch oftmals noch unberücksichtigt. Um Stoffströme konsequent zu schließen, eine höhere Wertigkeit der Bausubstanz zu fördern und Lösungen im Sinne einer Circular Economy auf allen beteiligten Ebenen zu etablieren, bedarf es eines systematischen Blicks auf die Planung von Rückbaumaßnahmen. Es geht um den Schutz und die Bewahrung von Bausubstanz genauso wie die Wertschätzung gegenüber den Materialien. Genau hier setzt das DGNB System für den nachhaltigen Gebäuderückbau an. Als Instrument zur Qualitätssicherung setzt es systematisch Anreize, die Nachhaltigkeit von Rückbauprozessen auf ganzheitliche Weise zu erhöhen.
Was macht einen nachhaltigen Gebäuderückbau aus?
Insgesamt können fünf Grundprinzipien definiert werden, die einen nachhaltigen Gebäuderückbau ausmachen:
Transparenz schaffen: Um die Werte der vorhandenen Ressourcen sichern zu können, muss Transparenz geschaffen werden hinsichtlich der beim Rückbau anfallenden Massen und Transportwege, der Kosten und Risiken des Rückbaus und der Werte der Ressourcen, die am Ende des Lebenszyklus noch vorhanden sind.
Gefahrstoffe identifizieren: Zudem gilt es, Gefahrstoffe zu identifizieren und angemessen zu beseitigen. Ziel ist es hierbei nicht, dass um jeden Preis eine Wiederverwendung stattfindet, sondern eine möglichst hohe sortenreine Trennung erreicht wird, die Gefahrstoffe separiert, damit die weiteren Stoffströme im Kreislauf gehalten werden können.
Verwertung und Entsorgung optimieren: Um im Sinne der Kreislaufwirtschaft einen hohen Wert der Ressourcen beizubehalten, ist eine Optimierung der Verwertungs- und Entsorgungswege erforderlich und möglichst eine Wiederverwendung oder Verwertung vor Ort anzustreben. Ebenso müssen die anfallenden Massen auf der Baustelle sortenrein getrennt werden.
Menschen im Fokus: Eine besonders hohe Relevanz kommt dem Umgang mit den Beteiligten zu. Zum einen spielt hier das Thema Sicherheit eine wichtige Rolle. Zum anderen ist eine proaktive Kommunikation sowohl mit den Mitarbeitern als auch mit den Anwohnern entscheidend. Sie ermöglicht einen reibungslosen Ablauf und beugt Konflikten vor.
Prozesse verbessern und ausbauen: Um diese Ziele zu erreichen, müssen bereits bestehende Rückbauprozesse verbessert und erweitert werden. Da die Prozesse entscheidend sind für die Optimierung des Rückbaus insgesamt, legt das DGNB System hier einen klaren Fokus.
Zertifizierungskriterien
Das DGNB System bewertet keine einzelnen Maßnahmen, sondern die Gesamtperformance anhand von Kriterien. Für den Rückbau werden insgesamt zwölf Kriterien berücksichtigt, die die fünf Themenfelder Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Aspekte, Technik und Prozesse adressieren. Alle Themenfelder fließen gleichgewichtet in die Bewertung ein.
Das Zertifikat
Das DGNB System Rückbau bewertet wie bei den anderen Zertifizierungsformen der DGNB nach Erfüllungsgraden. Der Gesamterfüllungsgrad errechnet sich aus den Bewertungen der einzelnen Kriterien. Als höchste DGNB Auszeichnung wird das Platin-Zertifikat verliehen.
Ab einem Gesamterfüllungsgrad von 50 Prozent erhält das Projekt das DGNB Zertifikat für Rückbau in Silber. Ab einem Erfüllungsgrad von 65 Prozent wird das DGNB Zertifikat für Rückbau in Gold vergeben. Für ein DGNB Zertifikat für Rückbau in Platin muss das Projekt einen Gesamterfüllungsgrad von 80 Prozent erreichen. In der Erstanwendung ist kein Mindesterfüllungsgrad pro Themenfeld erforderlich.
Circularity Index
Auf der Urkunde wird zudem die "Realisierte Kreislaufführung" als Kennzahl in Prozent dargegestellt. Diese basiert auf dem Circularity Index. Anhand des Index erfolgt projektspezifisch eine Bewertung der beim Rückbau anfallenden Massen entsprechend der gewählten Verwertungs- und Entsorgungswege. Durch die Einführung des Index soll mittelfristig eine Vergleichbarkeit der Kreislauffähigkeit von Rückbauprojekten ermöglicht werden. Es werden die üblichen mit den tatsächlich im Projekt erfolgten Verwertungs- und Entsorgungswegen verglichen.
Zertifizierungsprozess
Ziel der DGNB ist es, die Zertifizierung bereits in einem frühen Stadium im Planungsprozess zu verankern. Daher gibt es auch beim DGNB System für Rückbau die Möglichkeit, ein Vorzertifikat zu erhalten. Die Anmeldung für das Vorzertifikat und das Zertifikat erfolgt gemeinsam. Es besteht die Möglichkeit, ausgewählte Kriterien bereits im Vorzertifikat final einzureichen und für das Zertifikat abschließend prüfen zu lassen.
Anwendung und Einreichung
Das System wird im Rahmen der Erstanwendung an ersten Projekten angewandt und final erprobt. Es ist für alle Gebäudenutzungen anwendbar. Interessierte haben mit ihren Projekten die Gelegenheit, hier aktiv mitzuwirken. Die Zertifizierung des Rückbaus kann sich zudem positiv auf die Zertifizierung von Folgeprojekten vor Ort auswirken.
Die Einreichung der Unterlagen zur Zertifizierung können im Rahmen der Erstanwendung alle am Rückbauprozess inhaltlich Beteiligten übernehmen, z.B. Planer für Rückbauprojekte, Berater für Gefahrstoffsanierung, (Fach-)Bauleiter, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren und gegebenenfalls auch kommunale Vertreter. Diese Person wird im Rahmen der Projektanmeldung als Projektverantwortlicher definiert.
Personen, die bereits die Ausbildung zum DGNB Auditor oder DGNB Consultant gemacht haben, wird als Vorbereitung eine Fortbildung für den Gebäuderückbau empfohlen. Für Personen ohne entsprechende Vorerfahrung ist ergänzend zudem das DGNB Seminar "Grundlagen des nachhaltigen Bauens" zu empfehlen. Die Termine für den Grundlagenkurs finden Sie im Fortbildungskalender der DGNB Akademie.
Zertifizierungsgebühren
Im Rahmen der Erstanwendungsphase sind Gebühren für die Zertifizierung einheitlich festgelegt – unabhängig von der Größe des Rückbauobjekts:
- Für DGNB Mitglieder: 2500 € zzgl. Umsatzsteuer
- Für Nicht-Mitglieder: 4500 € zzgl. Umsatzsteuer
Projektanmeldung
Im Rahmen der Erstanwendung des DGNB Systems für Rückbau können auch alle am Rückbauprozess inhaltlich Beteiligten die Einreichung der Unterlagen zur Zertifizierung übernehmen. Dazu gehören Planende für Rückbauprojekte, Beratende für Gefahrstoffsanierung, (Fach-)Bauleiter, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren und ggfs. auch kommunale Vertreter. Diese Person wird im Rahmen der Projektanmeldung als Projektverantwortlicher definiert.
Ausgewählte DGNB-zertifizierte Projekte
Büro- und Verwaltungsgebäude
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Ihre Ansprechpersonen
Markus Kelzenberg
Geschäftsführer DGNB GmbH / Leiter Zertifizierungsstelle
- Tel.: +49-711-722322-75
- E-Mail: m.kelzenberg@dgnb.de