Heute werden die Städte von morgen geplant und gebaut. Die Entwicklung von nachhaltigen, zukunftsfähigen Quartieren, in denen Menschen sich wohlfühlen können, zählt daher zu den Schlüsselaufgaben der heutigen Stadtentwicklung: Einerseits wachsen mit zunehmender Urbanisierung Lebens- und Arbeitsräume immer stärker zusammen. Andererseits kommt in Zeiten von Klimawandel, Ressourcenknappheit und sozialer Spaltung Planungs- und Entwicklungsbüros sowie kommunalen wie institutionellen Bauherren eine besondere Verantwortung zu.
Mit dem Zertifizierungssystem für nachhaltige Quartiere bietet die DGNB ein weltweit anerkanntes Planungs- und Optimierungstool an, das dabei hilft, eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsqualität zielgerichtet, systematisch und wirtschaftlich umzusetzen. Es bietet für die Planungs- und Baupraxis die passenden Antworten auf unsere wichtigsten Zukunftsfragen.
Worauf es bei zukunftsfähigen Quartieren ankommt
Zu den Kernthemen zählen Klimaschutz, Klimaanpassung und Resilienz. Konkret unterstützt die Zertifizierung dabei Quartiere zu entwickeln, die einen möglichst geringen CO2-Ausstoß verursachen – in Planung und Bau, genauso wie in der späteren Nutzung. Das Stadt- und Mikroklima werden dabei ebenso betrachtet wie die Umweltrisiken und der damit verbundene Werterhalt eines Quartiers. Ein besonderer Fokus liegt hier auf der Förderung der Biodiversität.
Daneben spielen außerdem Mobilität, Circular Economy und die späteren Nutzenden eine wichtige Rolle: So sollen der Umweltverbund bestärkt und Mobilitätsmanagement-Strategien für autofreie Quartiere belohnt werden. Zukunftsfähige Quartiere zeichnen sich darüberhinaus durch die Förderung eines Denkens und Handelns in Kreisläufen im Umgang mit den verwendeten Ressourcen und Flächen aus. Räume mit hoher Aufenthaltsqualität und eine gute Durchmischung im Quartier schaffen größere Akzeptanz und Identifikation. Das wird zusätzlich durch eine frühzeitige Einbindung der späteren Nutzenden während Planungs-, Bau- und Betriebsphasen gefördert.
Weiterentwicklung des DGNB Systems für Quartiere
Wir arbeiten derzeit an der Weiterentwicklung des DGNB Systems für Quartiere mit Fokus auf den Bestand. Informieren Sie sich über den aktuellen Status:
Besuchen Sie auch unsere digitale Infoveranstaltung "DGNB System für (Bestands)Quartiere – Status quo der Systementwicklung", um auf dem Laufenden zu bleiben:
- Freitag, 07.02.2025 um 11:00 - 12:00 Uhr | Zur Anmeldung
Mit dem DGNB System jedem Quartierstyp gerecht werden
Da jedes Quartier seiner vorrangigen Nutzung entsprechend andere Bedürfnisse erfüllen muss, berücksichtigt das DGNB System für Quartiere sieben verschiedene Quartierstypen, die als Nutungsprofil bezeichnet werden:
Event Areale zeichnen sich insbesondere durch Gebäudekomplexe aus, die temporär von vielen Menschen besucht werden. Dies können Sport- und Freizeitstätten, Ausstellungsflächen oder ähnliche Flächennutzungen sein. Durch ihre Unterhaltungs- und Freizeit- aber auch mitunter Bildungsfunktion leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Attraktivität einer Stadt.
Resorts und Vertical Cities
Bewerbungen für die Erstanwendungsphase sind für Resorts und Vertical Cities möglich. Bitte kontaktieren Sie uns bei Interesse.
Nach welchen Kriterien wird zertifiziert?
Die sechs Kriterien der Ökologischen Qualität erlauben eine Beurteilung der Wirkungen von Quartieren auf die globale und lokale Umwelt sowie das Stadtklima, als auch auf die Ressourcen- / Wertstoffinanspruchnahme durch Planung und Bau.
- Ökobilanz (ENV1.1)
- Schad- und Risikostoffe (ENV1.2)
- Stadtklima - Mesoklima (ENV1.5)
- Wasserkreislaufsysteme (ENV2.2)
- Flächeninanspruchnahme (ENV2.3)
- Biodiversität (ENV2.4)
Die fünf Kriterien der Ökonomischen Qualität dienen der Beurteilung der langfristigen Wirtschaftlichkeit (Lebenszykluskosten) und der Wertentwicklung sowie der Anpassungsfähigkeit.
- Lebenszykluskosten (ECO1.1)
- Resilienz und Wandlungsfähigkeit (ECO2.1)
- Flächeneffizienz (ECO2.3)
- Wertstabilität (ECO2.4)
- Umweltrisiken (ECO2.5)
Die acht Kriterien der soziokulturellen und funktionalen Qualität helfen dabei, Quartiere hinsichtlich Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit sowie wesentlichen Aspekten der sozialen und infrastrukturellen Mischung zu beurteilen.
- Mikroklima – Thermischer Komfort im Freiraum (SOC1.1)
- Freiraum (SOC1.6)
- Arbeitsplatzkomfort (SOC1.8)
- Emissionen / Immissionen (SOC1.9)
- Barrierefreiheit (SOC2.1)
- Städtebau (SOC3.1)
- Soziale und funktionale Mischung (SOC3.2)
- Soziale und erwerbswirtschaftliche Infrastruktur (SOC3.3)
Die fünf Kriterien der Technischen Qualität bieten einen Maßstab zur Bewertung der Qualität der technischen Ausführung im Hinblick auf relevante Nachhaltigkeitsaspekte sowie die Qualität der Mobilität und ihrem Beitrag zur Nachhaltigkeit des Quartiers.
- Energieinfrastruktur (TEC2.1)
- Wertstoffmanagement (TEC2.2)
- Smart Infrastructure (TEC2.4)
- Mobilitätsinfrastruktur – Motorisierter Verkehr (TEC3.1)
- Mobilitätsinfrastruktur – Nichtmotorisierter Verkehr (TEC3.2)
Die sieben Kriterien der Prozessqualität verfolgen das Ziel, die Qualität der Planung und Planungsbeteiligung sowie die Qualität der Bauausführung und des Betriebs des Quartiers zu erhöhen.
- Integrale Planung (PRO1.2)
- Partizipation (PRO1.7)
- Projektmanagement (PRO1.8)
- Governance (PRO1.9)
- Sicherheitskonzepte (PRO1.10)
- Baustelle / Bauprozess (PRO2.1)
- Qualitätssicherung und Monitoring (PRO3.5)
Zertifizierungsvoraussetzungen
Für eine Zertifizierung nach dem DGNB System für Quartiere müssen Projekte folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Die Mindestgröße eines Stadt- bzw. Businessquartiers, Event Areals, Gewerbegebietes und Industriestandorts (im folgenden „Quartier" genannt) beträgt ca. 2 Hektar Bruttobauland (BBL)
- Das Quartier setzt sich aus mehreren Gebäuden und mindestens zwei Baufeldern zusammen und verfügt über öffentliche bzw. öffentlich zugängliche Räume und entsprechende Infrastruktur
- Spezifisch für das Nutzungsprofil Stadquartier: Der Wohnanteil (gemessen an der Bruttogrundfläche (BGF)) sollte zwischen 10 und 90 Prozent liegen; im innerstädtischen Umfeld mit ergänzenden Strukturen kann der Wohnanteil auch höher ausfallen
- Spezifisch für das Nutzungsprofil Industriestandort: Es handelt sich um einen überwiegend industriell genutzten Standort, bei dem es eine natürliche oder juristische Person gibt, die flächenverantwortlich für den Standort ist
- Spezifisch für das Nutzungsprofil Gewerbegebiet: Das (geplante) Gewerbegebiet weist eine differenzierte Nutzungsstruktur auf; bei zwei Hektar mindestens zwei Nutzungen
In allen Zertifizierungsphasen ist der Auftraggeber dafür verantwortlich, dass es keinen Widerspruch der Eigentümer gegen die Zertifizierung gibt. Diese Regelung bezieht sich auf Privatgrundstücke im Quartier oder Grundstücke der öffentlichen Hand, die nicht der Allgemeinheit dienen.
Themenbereich | Kriterium | Mindestanforderung | Beschreibung |
---|---|---|---|
Naturschutz | ENV2.4 Biodiversität | 10 Punkte | Indikator 2: Gezielte Maßnahmen zur aktiven Ansiedlung neuer und heimischer Tierarten Stadt Business Event Industrie Gewerbe |
Klima | ENV1.5 Stadtklima | 15 Punkte | Indikator 1: Stadtklimatische Analyse des Quartiers Stadt Business Event Industrie Gewerbe |
Soziales | SOC3.3 Soziale und erwerbswirtschaftliche Infrastruktur | 5 Punkte | Bildung |
Prozess | PRO1.7 Partizipation | 15 Punkte | Indikatoren 1-4 zur Sicherung der Mindest-Bürgerbeteiligung Stadt Business Event Gewerbe |
Die Zertifizierung von Quartieren
Das DGNB System für Quartiere umfasst insgesamt 31 Kriterien aus fünf Themenfeldern (Ökologische, Ökonomische, Soziokulturelle, Technische und Prozessqualität), anhand derer die Gesamtperformance eines Quartiers bewertet wird. Dabei ist zu beachten, dass nicht jedes Kriterium für jedes Nutzungsprofil relevant ist. Je nach Quartierstyp fällt außerdem die Gewichtung der einzelnen Kriterien unterschiedlich aus. Den vollständigen Kriterienkatalog für Quartiere stellt die DGNB online kostenfrei zur Verfügung.
Für die Anmeldung zur Zertifizierung und den begleitenden Prozess ist ein Auditor nötig. Auf unserer Übersichtsseite finden Sie alle DGNB Auditoren, die Sie für Ihr Projekt anfragen können. Bereits zertifizierte Projekte finden Sie hier.
Das Zertifikat – Welche Projektstufen werden zertifiziert?
Die Entwicklung von Quartieren erstreckt sich über einen langen Zeitraum, in dem oft auch die Eigentümer wechseln. Daher wird zwischen einem Vorzertifikat auf Ebene eines städtebaulichen Entwurfs und einem Zertifikat für die Planung/Erschließung unterschieden, für das mindestens der Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan vorliegen muss und die Erschließung zu mindestens 25% ausgeführt ist. Alternativ können in Phase II die Ausführungsqualitäten nach den Mindestanforderungen der DGNB vertraglich gesichert werden. Den Abschluss bildet das Zertifikat für das zumindest zu 75% fertiggestellte Quartier. Das Vorzertifikat ist dabei drei Jahre gültig, das Zertifikat für die Planung/Erschließung fünf Jahre. Das Zertifikat für das Quartier behält seine Gültigkeit unbegrenzt.
Besonderheit bei Industriestandorten
Die Entwicklung von Industriestandorten erstreckt sich im Vergleich zu Stadtquartieren über einen kürzeren Zeitraum. Daher wird hier unterschieden zwischen einem Vorzertifikat auf Ebene eines Masterplans bzw. Standortentwicklungsplans und einem Zertifikat für den mindestens zu 75 % fertiggestellten Standort. Das Vorzertifikat ist dabei drei Jahre und das Zertifikat fünf Jahre gültig. Alle fünf Jahre muss der Standort rezertifiziert werden. Sofern keine größeren baulichen Änderungen durchgeführt wurden, muss hier nur eine Auswahl an Kriterien erneut nachgewiesen werden.
Projektanmeldung
Um ein Projekt anzumelden, müssen Auftraggeber zunächst einen DGNB Auditor engagieren. Dieser kann das Projekt anmelden. Auditoren begleiten zudem den gesamten Prozess und übernehmen die Nachweisführung sowie Einreichung bei der DGNB. Sie sind weltweit aktiv und auf bestimmte Nutzungsprofile spezialisiert.
Projekte können in der aktuellen Marktversion "Quartiere, Version 2020" angemeldet werden.
Ausgewählte DGNB-zertifizierte Projekte
Gewerbegebiete
Stadtquartiere